Aktuelles

Erneut Auszeichnung "Schwalbenfreundliches Haus" in Gelsenkirchen

Am 26. Juli 2023 war es wieder soweit: nachdem im letzten Jahr zum ersten Mal ein Gebäude als "Schwalbenfreundliches Haus" ausgezeichnet werden konnte, wurde die NABU Plakette samt Urkunde an Frau Petra Schmidt-Lischka übergeben. In den Ställen des Hofes im Gelsenkirchener Norden gibt es mittlerweile 14 Schwalbennester. Fast alle sind von Rauchschwalben besetzt. Frau Schmidt-Lischka achtet besonders darauf, dass alle Nester immer für die Schwalben erreichbar bleiben. In der Nähe der Ställe wird eine Wasserstelle unterhalten. Neben den vielen Schwalben brüten auf dem Hof auch noch zwei Schleiereulen. Eine Wiese mit alten Obstbäumen bietet Steinkäuzen, Tauben und vielen anderen Vögeln einen hervorragenden Lebensraum.
Rauchschwalbe Rauchschwalbe Urkunde


Lurch des Jahres 2023 ...

... ist der Kleine Wasserfrosch. Der Name passt, denn mit einer Kopf-Rumpf-Länge (KRL) von höchstens 80 Millimetern ist er der kleinste Vertreter der drei bei uns heimischen Wasserfroscharten. Weitere gelegentlich benutzte Bezeichnungen für Pelophylax lessonae – so sein wissenschaftlicher Artname – sind „Tümpelfrosch“, „Zwergwasserfrosch“, „Kleiner Teich-“ und „Kleiner Grünfrosch“.

Im Vergleich zu seinen beiden größeren Verwandten, dem bis zu 120 Millimeter langen Teichfrosch (P. esculentus) und dem bis zu 140 Millimeter langen Seefrosch (P. ridibundus), gilt der „Kleine Grüne“ erstaunlicherweise immer noch als wenig erforscht. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die Bestände von P. lessonae bundesweit rückläufig sind – er ist der einzige Lurch, der in der aktuellen Roten Liste der Amphibien Deutschlands (Bundesamt für Naturschutz 2020) in der Kategorie „Gefährdung unbekannten Ausmaßes“ geführt wird –, haben die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und ihre Kooperationspartner (darunter der NABU) veranlasst, den Kleinen Wasserfrosch zum „Lurch des Jahres 2023“ zu wählen. Ausführliche Informationen über P. lessonae bietet die DGHT unter https://www.dght.de/pressemitteilung-lurch-des-jahres-2023 (auch zum Download).

Und wie steht es um Gelsenkirchens Wasserfrösche?

Der Teichfrosch – übrigens eine Hybridform zwischen Kleinem Wasser- und Seefrosch (siehe auch hierzu den genannten Link) – ist an gar nicht wenigen Gewässern im Stadtgebiet anzutreffen, nicht nur in Naturschutzgebieten, sondern auch an manchen Parkteichen, beispielsweise im Nordsternpark.

Ob es den Seefrosch bei uns (noch) gibt, ist fraglich; sichere Bestandsnachweise liegen zurzeit jedenfalls nicht vor.

Ähnlich sieht es beim Kleinen Wasserfrosch aus. Zwar ließen sich noch vor gut sechs Jahren (Mai 2016) Grünfrösche (nebst Kaulquappen) mit charakteristischen P.-lessonae-Merkmalen (geringe Größe, arttypische Färbung und Zeichnung) an Wiesentümpeln im äußersten Norden der Stadt beobachten, doch wurden meines Wissens seitdem keine Nachweise mehr erbracht – vermutlich (auch) eine Folge des vorzeitigen und vollständigen Austrocknens der einstigen Laichgewässer in den immer wärmeren und trockeneren Sommern.

Somit steht zu befürchten, dass es den Kleinen Grünen in GE nicht mehr gibt.

Rainer Stawikowski


Kleinen Wasserfrosch Kaulquappe des Kleinen Wasserfrosches

Bei diesem „Grünfrosch“ dürfte es sich um einen Kleinen Wasserfrosch handeln; fotografiert auf einer Wiese in GE-Scholven, Mai 2015

Kaulquappe des Kleinen Wasserfrosches; die helle Binde zwischen Maul und Auge (Kreis) ist ein typisches Artmerkmal

Einstiger Lebensraum von Pelophylax lessonae Teichfrosch (P. esculentus)

Einstiger Lebensraum von Pelophylax lessonae: Wiese mit mehreren unterschiedlich großen Tümpeln, GE-Scholven, Mai 2015

In Gelsenkirchen an zahlreichen Gewässern anzutreffen: Teichfrosch (P. esculentus); gesehen auf der Halde Rheinelbe, Juli 2021

Rufender Seefrosch (P. ridibundus)

Rufender Seefrosch (P. ridibundus); aufgenommen im Botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum, Juni 2015; ob die Art in GE noch vorkommt, ist fraglich.


Gabel-Azurjungfer - endlich ein Weibchen!

Vor etwa einem Jahr berichtete ich über meine erste Begegnung mit der Gabel-Azurjungfer im Berger Feld (18. Juni 2021). Rund einen Monat später (23. Juli) sah ich Coenagrion scitulum dann auch im Emscherbruch (NSG nördlich der A2). Zu Gesicht bekam ich – wie bei wenigen weiteren Gelegenheiten im letzten Jahr – immer nur einzelne Männchen.

Meine Freude war groß, als ich am 18. Mai dieses Jahres im Berger Feld gleich zwei Männchen und bei zwei weiteren Besuchen jeweils ein Tier antraf. Am 16. Juni fand ich eine männliche Gabel-Azurjungfer im Emscherbruch zwischen Münsterstraße und Zentraldeponie und hier am 28. Juni endlich ein Weibchen.

Ähnlich wie ihre männlichen Artgenossen lassen sich auch weibliche Gabel- (Coenagrion scitulum) und Hufeisen-Azurjungfern (C. puella), Gemeine Becher- (Enallagma cyathigerum) und Pokaljungfern (Erythromma lindenii) an der Schwarzzeichnung des Abdomens voneinander unterscheiden, wobei die Grundfärbung jedoch artspezifisch variieren kann. So gibt es bei den Azurjungfern grüne und blaue Weibchen, bei der Becherjungfer außerdem weißliche und gelbe, während weibliche Pokaljungfern dreifarbig daherkommen: vorn grünlich, in der Mitte türkisblau, hinten hellbraun (siehe Bildunterschriften).

Vielleicht schafft die Gabel-Azurjungfer es ja, in Gelsenkirchen bodenständig, sprich heimisch zu werden? 

Text und Fotos: Rainer Stawikowski


Weibchen der Gabel-Azurjungfer

Intensiv blaues Weibchen der Gabel-Azurjungfer; die mittleren Schwarzzeichnungen sehen ein wenig aus wie Speerspitzen


Hufeisen-Azurjungfer Hufeisen-Azurjungfer

Grünes und blaues Weibchen der Hufeisen-Azurjungfer; beachte den weitgehend schwarzen Hinterleib


Gemeinen Becherjungfer Gemeinen Becherjungfer

Kräftig blaues und gelbes Weibchen der Gemeinen Becherjungfer; der Umriss der Schwarzzeichnung wird oft als „torpedoförmig“ beschrieben

Pokaljungfer

Auch bei den Weibchen der Pokaljungfer ist die Abdomen-Oberseite nahezu durchgehend schwarz


Kompetent, kritisch und kostenlos: Atlanten zu aktuellen Themen aus Biologie, Umweltschutz und Politik


Beängstigendes Insektensterben und gnadenloser Pestizid-Einsatz in der Landwirtschaft, hemmungsloser Fleischkonsum und gewissenlose Agrarkonzerne ... Wer sich als engagierter Naturschützer für diese und weitere Themen interessiert und einen zuverlässigen und übersichtlichen Einstieg sucht, werfe einmal einen Blick auf die Seite der Atlas-Manufaktur von Dietmar Bartz und Ellen Stockmar.

Pestizidatlas

Neu erschienen: Pestizidatlas

Die dort vorgestellten Atlanten für die Heinrich-Böll-Stiftung werden explizit als Bildungsmaterial unter freier Lizenz zum kostenlosen Download angeboten: http://www.atlas-manufaktur.de. Einer der Kunden der Atlas-Manufaktur ist übrigens der NABU.
Rainer Stawikowski

Regenwaldrind Rinderherde Fleischmarkt

Thema Fleischproduktion: Kuh auf einer Weide im gerodeten Amazonas-Regenwald am Rio Negro, Rinderherde am Rio Xingu, Fleischhändler auf dem Markt in Manaus (alle Brasilien) – Fotos: Rainer Stawikowski

Libelle des Jahres 2022: Kleine Pechlibelle

BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.) und GdO (Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen e. V.) haben die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) zur Libelle des Jahres 2022 gekürt. Begründet wird die Wahl unter anderem damit, dass diese Pionierart unter den Kleinlibellen in Deutschland nirgendwo häufig auftritt. Sie ist „auf dynamische Lebensräume in unserer Landschaft angewiesen“, „kleine Stillgewässer, die immer mal wieder neu entstehen müssen“ (Conze 2021). Ursprünglich bewohnt die Schlanklibelle Flussauen, in deren Betten unter dem Einfluss des wechselnden Pegels mehr oder weniger dauerhafte, offene und besonnte Kleingewässer entstehen.

Kleine Pechlibelle Ischnura_pumilio_Paarung

Links: Porträt eines jungen Weibchens der Kleinen Pechlibelle (Erdbach, Mai 2013)

Rechts: Paarung eines Männchens mit einem schon älteren Weibchen (Erdbach, April 2014)

Die Kleine Pechlibelle besiedelt aber auch vom Menschen gemachte Habitate, sogenannte Sekundärlebensräume, also Wasseransammlungen in Steinbrüchen, auf Brachflächen oder auf Bergehalden, so auch die Tümpel auf der Halde Rheinelbe in Ückendorf – siehe unseren Beitrag „Die kleine Schwester auf Rheinelbe“: Dort sind die wesentlichen Merkmale von Ischnura pumilio kurz zusammengefasst, und unser Artikel „Nur eine ‚Allerwelts-Libelle‘?“ stellt die Schwesterart vor, die Große Pechlibelle (Ischnura elegans).

Wie es sich für eine Pionier-Libelle gehört, ist Ischnura pumilio in der Lage, neu entstandene Gewässer schnell zu entdecken und rasch zu „erobern“, oft weiß man gar nicht, woher die Tiere überhaupt kommen. Unter ihnen zusagenden Bedingungen pflanzen sie sich jedenfalls erfolgreich fort, sodass schon bald eine größere Population entsteht – wie im vergangenen Sommer auf Rheinelbe. Und weil die Tümpel auf der Halde im Jahr 2021 nicht ausgetrocknet sind, dürfte man die Art im kommenden Frühling und Sommer dort wieder antreffen.

Seit 2010 befasse ich mich mit der Libellenfauna in unserer Stadt. Dabei bin ich der Kleinen Pechlibelle immer wieder einmal begegnet, nicht gerade oft, aber an verschiedenen Standorten, auch für die Art eher untypischen, etwa im Emscherbruch (NSG nördlich der A2 in Resse und LSG zwischen Zentraldeponie und Münsterstraße in Resser Mark) oder auf der Kompensationsfläche zwischen Veltins-Arena und Gelsenwasser-Betriebsgelände an der Münsterstraße in Erle.

Erdbach

Unterlauf der seinerzeit neu angelegten Erdbach-Trasse in Scholven (Mai 2013)

Eine „Hochburg“ für Pionier-Libellen war die um das Jahr 2010 neu angelegte Erdbach-Trasse in Scholven. Das offene Bachbett mit anfangs spärlicher Vegetation und vielen kleinen und großen freien Sand- und Lehmufern war ein Bilderbuchlebensraum für Plattbauch, Südlichen Blaupfeil und Kleine Pechlibelle. Doch die Pracht währte nicht lange, denn mit der unvermeidlichen Sukzession verschwanden die Pioniere schon nach wenigen Jahren wieder.

Hafen Bismarck Landmarke

Links: Hafen Bismarck aus rund 800 Metern Höhe, unten im Bild die Münsterstraße, oben (hinter der Marina) die Baustelle der Landmarke „Graf Bismarck“ (Juni 2021)

Rechts: Das Gelände der Landmarke „Graf Bismarck“ mit seinen Gewässern dürfte sich zu einem vielgestaltigen Lebensraum für Vögel, Amphibien und Libellen entwickeln (Juni 2021)

Aber es entstehen immer wieder neue Lebensräume, die auf „Pumilio & Co.“ warten, auch in Gelsenkirchen. Wenn im kommenden Frühling oder Sommer die Landmarke „Graf Bismarck“ westlich des Hafens am Rhein-Herne-Kanal in Bismarck der Öffentlichkeit zugänglich sein wird, dürfte es sich lohnen, die Ufer der Gewässer auf dem weitläufigen Gelände genauer in Augenschein zu nehmen. Mich würde es nicht überraschen, wenn die Libelle des Jahres 2022 auch dort eines Tages auftauchen sollte. 

Text und Fotos: Rainer Stawikowski

 
Literatur: Conze, K.-J. (2021): Libelle des Jahres 2022 in Deutschland: Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio). – Libellennachrichten Nr. 47, Dezember 2021: 6–7.

Der Nachtkerzenschwärmer - die Raupe mit den 1000 Augen

Ende Juni fand ich auf dem Gehweg an der Lockhofstraße zwei ziemlich schrill aussehende Raupen. Vermutlich waren sie auf der Suche nach einem Plätzchen zum Eingraben und  Verpuppen, wie sich das für die Raupen von Schwärmern, einer Familie der Nachtfalter, gehört.

Raupe NKSDie Raupe des Nachtkerzenschwärmers (Proserpinus proserpina) ist an ihrem großen Augenfleck auf dem Hinterteil (an dieser Stelle besitzen Schwärmerraupen typischerweise ein Afterhorn) und an den vielen kleinen Augenzeichnungen an der Körperseite gut zu erkennen. Die auffälligen Zeichnungsmuster dienen dem Zweck, die Raupe auf potenzielle Fressfeinde abschreckend wirken zu lassen. Eine solche Art der Täuschung nennt man Mimikry.

Anders als der Name dieses Schwärmers es vermuten lässt, ernährt sich seine Raupe kaum von Nachtkerzen, sondern von verschiedenen Weidenröschen, vor allem dem Zottigen, dem Vierkantigen, dem Schmalblättrigen und dem Rosmarin-Weidenröschen.

Der Nachtkerzenschwärmer ist eine EU-weit streng geschützte Art (Anhang IV der FFH-Richtlinie, 92/43/EWG), auf die bei Planungen, etwa für Bauvorhaben, Rücksicht zu nehmen ist. Allerdings sind seine lokalen Vorkommen meist nicht stabil, sodass es schwierig ist, einen Populationsstandort genau einzugrenzen. Daher ist es sinnvoll, Funde von Raupe oder Schwärmer an das Umweltamt der Stadt zu melden.

Wer etwas für den Nachtkerzenschwärmer und seine Raupen tun möchte, sorgt am besten einfach dafür, dass in seinem Garten ein paar Weidenröschen wachsen.        

Mirja Mankowski

 

Quellenlinks:

https://www.nul-online.de/Magazin/Archiv/Der-Nachtkerzenschwaermer-und-das-Artenschutzrecht,QUlEPTI2NzY4NDAmTUlEPTgyMDMw.html?
UID=6926D8DE60AD79CF5A2B09D6E748BBEC599F72DA58B87E6C

https://ffh-anhang4.bfn.de/arten-anhang-iv-ffh-richtlinie/schmetterlinge/nachtkerzenschwaermer-proserpinus-proserpina.html

Schrecklich bunt ... 

Wer sich auf der Suche nach Libellen an Gewässerufern, in Wiesen oder auf Brachflächen herumtreibt, begegnet unweigerlich auch anderen Insekten, vor allem jetzt, im Hochsommer (nun ja, ein „Hoch“ hat der diesjährige Sommer bisher eigentlich nicht verdient), darunter Grillen, Grashüpfer, Heupferde ... Manche sind klein und eher unscheinbar, aber es gibt auch große und richtig auffällige Heuschrecken. Seit wann die beiden schönen Arten, die ich hier kurz vorstelle, in Gelsenkirchen heimisch sind, ist mir nicht bekannt. Im letzten Umweltbericht der Stadt sind sie noch nicht aufgeführt, aber dessen Erscheinen liegt ja schon über 20 Jahre zurück (1999). Vielleicht kann ein Besucher unserer Homepage hier Auskunft geben?

Man unterscheidet Lang- und Kurzfühlerschrecken. Sowohl die farbenprächtige Sumpf- als auch die zwar dezenter getönte, aber nicht minder hübsche Große Goldschrecke besitzen kurze Fühler. Beide gehören zur Familie der Feldheuschrecken und hier wiederum in die Unterfamilien Ödlandschrecken (Stethophyma grossum) und Grashüpfer (Chrysochraon dispar). Zur Systematik soll das genügen; wer mehr wissen möchte, besuche eine der einschlägigen Internet-Seiten oder blättere in einem Fachbuch (mein Favorit ist unten genannt).

Die Sumpfschrecke kommt tatsächlich ausgesprochen bunt daher. Arttypische Merkmale in beiden Geschlechtern sind die grüne Grundfärbung, der gelbe Vorderflügelrand, die schwarzen Knie, die unten roten Hinterschenkel und die schwarz bedornten gelben Hinterschienen. Die Männchen lassen sich von den Weibchen anhand der Größe (21 gegenüber 30 Millimeter Länge), durch die längeren Flügel und in der Form der Hinterleibspitze unterscheiden. Ihr Gesang wird als eine Folge von „Knips-Lauten“ beschrieben.

Sumpfschrecke Sumpfschrecke

An diesem Männchen der Sumpfschrecke sind die im Text beschriebenen arttypischen Farbmerkmale gut zu erkennen (links); ein Weibchen der Sumpfschrecke mit besonders hohem Rotanteil in der Kopf- und Vorderkörperfärbung

Geschlechtsreife Tiere (Imagines) lassen sich von Juni bis in den Oktober beobachten. Infolge der Klimaerwärmung breitet sich die flugfähige Sumpfschrecke seit mehreren Jahren weiter nach Norden aus. In Gelsenkirchen bin ich der Art, die bevorzugt feuchte Lebensräume besiedelt, vor allem im Emscherbruch (erstmals im Juli 2012), aber auch am Mechtenberg begegnet.

Stethophyma grossum gilt als nicht gefährdet.

Emscherbruch

   Ein überwiegend feuchter Lebensraum von Sumpf- und Großer

   Goldschrecke: Emscherbruch-NSG nördlich der A2

Bei der Großen Goldschrecke tragen nur die ebenfalls kleineren Männchen (19 gegenüber 28 Millimeter Länge) ein golden grünes Farbkleid, während die Weibchen metallisch beigebraun daherkommen; allerdings sind ihre Hinterschenkel und -schienen kräftig weinrot. In der Regel besitzen die Weibchen lediglich kurze, fast aneinanderstoßende, die Männchen hingegen deutlich größere, „normal“ entwickelte Flügel. Allerdings treten – offenbar ebenfalls eine Folge der Klimaerwärmung – immer häufiger lang- oder großflügelige (makroptere) Exemplare auf, die der Art eine effektivere Ausbreitung ermöglichen. Die Imagines sind von Juni bis September/Oktober unterwegs.

Große Goldschrecke Große Goldschrecke
Gewöhnlich besitzen die Weibchen der Großen Goldschrecke (beachte die roten Hinterschenkel) kurze, zusammenstehende Flügel (links), doch treten auch langflügelige Exemplare auf, die eine effektivere Ausbreitung der Art ermöglichen

Große Goldschrecke Große Goldschrecke

Die Männchen der Großen Goldschrecke zeigen in der Regel ein ganz anderes Farbkleid als ihre weiblichen Artgenossen (links), doch gibt es Ausnahmen, wie dieses langflügelige Tier zeigt.

In unserem Stadtgebiet habe ich Große Goldschrecken an verschiedenen feuchten wie auch trockenen Stellen im Emscherbruch beobachtet (erstmalig im September 2018). Ihr Gesang wird meist als eine Folge „metallisch scharfer“ Töne umschrieben.

Chrysochraon dispar wird in der Roten Liste bedrohter Tierarten als „gefährdet“ eingestuft.

Emscherbruch

  Ein eher trockenes Habitat der Großen Goldschrecke:

  Emscherbruch östlich der Wiedehopfstraße, südlich des Ewaldsees

Natürlich kommen in Gelsenkirchen weitere Arten von Heuschrecken vor, und interessant sind sie alle, wenn auch nicht unbedingt so bunt wie die hier gezeigte grell pinkfarbene. Sie ist nicht etwa mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms „geschönt“ worden; nein, sie sieht wirklich so aus! Es handelt sich um eine Larve des Nachtigall-Grashüpfers (Chorthippus biguttulus), die mir bei einem Besuch auf der Halde Rheinelbe vor die Füße gesprungen ist. Doch das ist ein eigenes Thema, dazu vielleicht ein andermal mehr ...

Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Nachtigall-Grashüpfer   Grell, nicht wahr? Eine pinkfarbene Larve des
  Nachtigall-Grashüpfers, gesehen auf der Halde
  Rheinelbe

Literaturtipp: „Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols“ von Jürgen Fischer und Mitautoren, erschienen 2016 bei Quelle & Meyer (ISBN 978-3-494-01670-2).



Die "kleine Schwester" auf Rheinelbe

In meinem Beitrag „Nur eine ‚Allerwelts-Libelle‘?“ über die Große Pechlibelle (Ischnura elegans) schrieb ich: „Es gibt übrigens auch eine Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), die in Gelsenkirchen aber selten vorkommt.“

Wer diese grazile, in Deutschland und NRW als „gefährdet“ geltende Schlanklibelle gern in natura sehen möchte, sollte in dieser Jahreszeit bei schönem Wetter einen Spaziergang auf die Halde Rheinelbe unternehmen. Am Nordufer des mittleren Tümpels, unmittelbar am Weg zur Himmelstreppe, begegnete ich in den letzten Tagen regelmäßig frisch geschlüpften Individuen der Kleinen Pechlibelle. In den Nachmittags- und frühen Abendstunden fand ich mehrmals rund ein Dutzend Exemplare. In der weiteren Umgebung sah ich dann ebenfalls einzelne Tiere.

Doch ich musste genau hinschauen: In der dürren Vegetation, die im Wesentlichen aus Schmalblättrigem Greiskraut (Senecio inaequidens), Gewöhnlicher Kratzdistel (Cirsium vulgare) und Gewöhnlichem oder Blauem Natternkopf (Echium vulgare) besteht, fielen mir die zarten Tierchen oft erst auf, wenn sie aufflogen und ihren Sitzplatz wechselten. Außerdem ist hier auch die „große Schwester“ zugegen, wenn auch weniger zahlreich (die Unterschiede zwischen den beiden Arten sind in dem oben erwähnten Artikel dargestellt).

Sowohl bei den genannten Pflanzen als auch bei der Libelle handelt es sich um Pionierarten, die neu entstandene Lebensräume rasch besiedeln, im Lauf der Zeit jedoch von anderen Arten ersetzt werden. Zum Konzept des von Herman Prigann geschaffenen Kunstwerks „Himmelstreppe“ gehört auch der Kontrast, der aus den grünen, bewaldeten Haldenhängen und dem schwarzen, vegetationsfreien Haldenkegel entsteht. Das bedeutet, dass der RVR das jetzt dort sprießende Grün irgendwann wieder beseitigen wird, was aber nicht schlimm ist, denn von den Pflegemaßnahmen profitieren weitere gern gesehene Haldenbewohner, insbesondere die beiden streng geschützten Amphibienarten Kreuzkröte (Epidalea calamita) und Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans). Die Pionierarten verschwinden also infolge der Maßnahmen, stellen sich aber irgendwann wieder ein ...

Noch ein Tipp: Wer mehr über Libellen in NRW wissen möchte, sollte sich unbedingt den 2016 im LWL-Museum für Naturkunde Münster erschienenen Atlas „Die Libellen Nordrhein-Westfalens“ (ISBN 978-3-940726-45-2) gönnen! 

Rheinelbe Halde Haldentümpel

Rheinelbe am 27. Juni aus rund 800 Metern Höhe; der gelbe Kreis markiert meinen Fundort der frisch geschlüpften Kleinen Pechlibellen.

Das im Text beschriebene Nordufer des mittleren Haldentümpels; in der Vegetation unterhalb der beiden Fußgänger ruhen die Kleinlibellen nach ihrem Reifeflug.

Kleine Pechlibelle Kleine Pechlibelle Weibchen

Junges Männchen der Kleinen Pechlibelle auf Rheinelbe; zur Abgrenzung gegen die Große Pechlibelle siehe den Artikel „Nur eine ‚Allerwelts-Libelle‘?“.

Frisch geschlüpfte Weibchen fallen mit ihrer leuchtend gelben Färbung eher ins Auge als die in der Vegetation nahezu tarnfarbigen Männchen.

Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Neu in Gelsenkirchen: Gabel-Azurjungfer

In mehreren Ruhrgebietsstädten (Bochum, Dortmund, Duisburg) ist Coenagrion scitulum bereits in den letzten Jahren aufgetaucht, nun hat sie sich auch in Gelsenkirchen blicken lassen. Am Nachmittag des 18. Juni fand ich ein Männchen dieser wärmeliebenden, ursprünglich im gesamten Mittelmeerraum beheimateten Art im Berger Feld.

Häufig tritt die Gabel-Azurjungfer gemeinsam mit der weit verbreiteten Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) auf, so auch im Berger Feld. Zwei weitere in Gelsenkirchen vorkommende schwarzblaue Kleinlibellen sind die Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum), die ebenfalls im Berger Feld anzutreffen ist, und die Pokaljungfer (Erythromma lindenii), die in Gelsenkirchen bisher nur im Nordsternpark nachgewiesen wurde.

Die deutschen Namen beziehen sich übrigens auf die schwarzen Zeichnungen auf dem zweiten Hinterleibssegment der Männchen, in denen man – mit etwas Fantasie – eine Gabel, ein Hufeisen, einen Becher oder eben einen Pokal erkennen kann.

Die Männchen der vier Arten sind an der Verteilung der Schwarzfärbung auf dem blauen Hinterleib gut gegeneinander abzugrenzen, siehe Fotos (die Weibchen lasse ich hier erst einmal beiseite).

Mit der Gabel-Azurjungfer umfasst die Liste der bisher in Gelsenkirchen beobachteten Libellen 48 Arten. 

Gabel-Azurjungfer Hufeisen-Azurjungfer

Gabel-Azurjungfer (Coenagrion scitulum)

Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella)

Gemeine Becherjungfer Pokaljungfer

Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum)

Pokaljungfer (Erythromma lindenii)

Text und Fotos: Rainer Stawikowski



Nur eine „Allerwelts-Libelle“?

Der Mai ist gekommen und fast schon wieder gegangen, doch etliche der Libellenarten, die zu dieser Zeit in Gelsenkirchen gewöhnlich unterwegs sind, lassen immer noch auf sich warten – kein Wunder bei dem Wetter, das der „Wonnemonat“ uns bisher beschert hat!

Dennoch – ein paar Unentwegte sind seit einigen Wochen auf den Flügeln, allen voran die schier unverwüstliche Große Pechlibelle (Ischnura elegans). Dieser Generalist unter den Kleinlibellen – bezüglich der Wahl ihrer Fortpflanzungs-Habitate ist die Art nicht sonderlich wählerisch – lässt sich, wenn es nicht zu kühl, zu windig und zu regnerisch ist, von April bis Oktober an vielen Gewässern beobachten; man könnte beinahe von einer „Allerwelts-Libelle“ sprechen ...


Am Wissenschaftspark

An den meisten stehenden Gewässern ist die Große Pechlibelle die häufigste Kleinlibelle, so auch am Wissenschaftsparkteich. Von April bis Oktober kann man sie hier gut beobachten.


Ein guter Beobachtungsort ist der Wissenschaftsparkteich in Ückendorf. Bei schönem Wetter sind die zahlreichen, bis 34 Millimeter langen Schlanklibellen (Familie Coenagrionidae) hier nicht zu übersehen. Man kann die Tiere aus nächster Nähe betrachten und ihre typischen Merkmale studieren: Beide Geschlechter besitzen ein oberseits pechschwarzes Abdomen (daher der deutsche Name), von dem sich der farbige Thorax und die helle Zone auf dem achten Hinterleibssegment kontrastierend abheben. Bei den Männchen sind Brust und „Laterne“ (türkis)blau. Die Weibchen kommen mit blauem, grünem, violettem, rosafarbenem, gelblichem oder braunem Thorax daher; ihr Farbkleid ist ausgesprochen variabel.


Pechlibelle Farbformen
Die Weibchen der Großen Pechlibelle kommen in mehreren Farbformen daher; es gibt sie mit gelblicher, brauner, rosafarbener, violetter, blauer oder grüner Brust.

Es gibt übrigens auch eine Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), die in Gelsenkirchen aber selten vorkommt. Von ihrer großen Schwester unterscheidet sie sich durch die Position der blauen Laterne der Männchen, die ein Stück nach hinten „verrutscht“ scheint. Auch die Weibchen dieser bis 31 Millimeter langen Art treten in mehreren Farbformen auf, es gibt gelbe, grüne und blaue. Außerdem ändert sich die Färbung mit dem Alter; junge sind leuchtend orangefarben, alte Weibchen können düster braun aussehen.


Pechlibelle Merkmale

Die Große Pechlibelle und ihre kleine Schwester: Die Männchen der beiden Arten lassen sich am besten an der Position der blauen „Laterne“ am Ende des Hinterleibs unterscheiden, bei der Kleinen Pechlibelle liegt sie weiter hinten (unten links). Die Weibchen der Großen Pechlibelle besitzen ebenfalls eine „Laterne“, wenn auch nicht immer sehr deutlich ausgeprägt (oben rechts). Bei den Weibchen der Kleinen Pechlibelle ist der Hinterleib oberseits durchgehend schwarz; insbesondere junge Tiere sind leuchtend orangegelb.


Bekanntermaßen sind Libellen Jäger, die sich von Spinnen und Insekten ernähren, mitunter auch von ihresgleichen. Sie schrecken selbst vor Beutetieren nicht zurück, die so groß sind wie sie selbst oder gar größer – siehe das Foto der Großen Pechlibelle, die sich auf eine Gemeine Winterlibelle stürzt, bei der es sich allerdings um ein frisch geschlüpftes, noch nicht ausgehärtetes und somit wehrloses Exemplar handelt. Mit ihren Beinen formt die Libelle einen regelrechten Fangkorb, aus dem es für kleinere Beutetiere, Fliegen etwa, kein Entrinnen gibt. Mit ihren Kauwerkzeugen, den mit spitzen Zähnen bewehrten Lippen und Kiefern, zerteilt sie ihre Beute und verschlingt sie portionsweise.

Natürlich haben auch die Libellen zahlreiche Feinde und gehen beispielsweise vielen Spinnenarten regelmäßig in die Netze.


Pechlibelle Raubtier Beute

Fressen und gefressen werden: Libellen sind „Raubtiere“, die selbst vor großen Brocken nicht zurückschrecken. Ein Weibchen der Großen Pechlibelle hat sich auf eine Gemeine Winterlibelle gestürzt (oben links). Die Beute wird mit den Beinen, die einen regelrechten Fangkorb bilden, gepackt, wie an dem Männchen mit seiner Fliege gut zu sehen (oben rechts). Natürlich haben auch Libellen viele Feinde. Eine Streckerspinne saugt am Thorax eines geköpften Männchens der Großen Pechlibelle (unten links). Doppeltes Pech: Nicht genug, dass dieses Pechlibellen-Männchen in ein Spinnennetz geraten ist – jetzt frisst auch noch ein Weibchen der Gemeinen Skorpionsfliege an seinen sterblichen Überresten (unten rechts)!


Wohl jeder Naturinteressierte hat schon einmal das „Paarungsrad“ oder „Paarungsherz“ kopulierender Libellen gesehen: Mit seinen Hinterleibsanhängen packt das Männchen ein paarungsbereites Weibchen hinter dem Kopf, die Auserwählte dockt mit ihrer Geschlechtsöffnung am Begattungsorgan des Partners an, und der überträgt seine Spermien. (In Wirklichkeit ist der Vorgang etwas komplizierter, aber hier muss die Kurzfassung genügen.)


Pechlibelle Paarungsrad Pechlibelle Paarungsherz

„Paarungsräder“ oder „Paarungsherzen“ der Großen Pechlibelle. Das Weibchen im linken Bild (unteres Tier) gehört der blauen Form an, es trägt das gleiche Farbkleid wie das Männchen. Bei den kleinen braunen Kügelchen am Hinterleib des rosafarbenen Weibchens auf dem rechten Bild handelt es sich um die Larven einer parasitischen Milbenart, die sich von der Körperflüssigkeit ihres Wirtes ernähren.


Ist die Paarung, die bei der Großen Pechlibelle über sieben Stunden (!)dauern kann, beendet, folgt die Eiablage, die bei den heimischen Kleinlibellen gewöhnlich im Tandem erfolgt: Das Männchen hat seine Partnerin weiter fest im Griff, bestimmt den Ort der Eiablage und hält durch seine Anwesenheit potenzielle Konkurrenten fern, die seinen Fortpflanzungserfolg zunichte machen könnten.

Pechlibellen-Weibchen hingegen sind „emanzipiert“: Sie verlassen ihren Gatten nach der Paarung und entscheiden selbst, wann und wo sie zur Eiablage schreiten (im Wortsinn). Meist kann man sie in den späten Nachmittags- oder frühen Abendstunden dabei beobachten, wie sie die Eier mit ihrem kräftigen Legebohrer in weiche Pflanzenteile stechen, vorzugsweise in auf dem Wasser treibende, verrottende Halme.

Je nach geografischer Lage und Klima sowie abhängig vom Zeitpunkt der Eiablage (Frühjahr bis Herbst) erreichen Pechlibellen-Larven die Schlupfreife nach einem Zeitraum von acht Wochen bis zwei Jahren. Die Große Pechlibelle schlüpft tagsüber. Zur Emergenz steigt die Larve an senkrecht wachsenden Pflanzen nicht allzu hoch über die Wasseroberfläche. Mit etwas Glück und Geduld kann man diesen spannenden Vorgang an einem gut zugänglichen Gewässerufer aus der Nähe verfolgen.


Pechlibelle Fortpflanzung

Links: Ein braunes Weibchen der Großen Pechlibelle sticht seine Eier in verrottende Pflanzenteile, der Legebohrer ist gut zu sehen. Mitte: Schlupfreife weibliche Larve von Ischnura elegans. Rechts: Zum Schlüpfen klettert die Larve an einem senkrechten Substrat aus dem Wasser. Nach der Emergenz ruht die frisch geschlüpfte Libelle zum Aushärten einige Stunden am Schlupfsubstrat. Kurios: Die Position der Exuvie lässt vermuten, dass dieses Weibchen „kopfunter“ geschlüpft ist.


Frisch geschlüpfte Pechlibellen sind noch blass, färben sich aber innerhalb weniger Stunden aus. Je nach Witterung und Temperatur dauert es drei bis zwölf Tage, ehe die Tiere geschlechtsreif sind, die Männchen etwas früher als die Weibchen.


Pechlibelle Porträt

Es dauert einige Stunden, bis die junge Pechlibelle ausgefärbt ist.


Also: Ist die Große Pech- wirklich „nur eine Allerwelts-Libelle“? Mit Blick auf ihre Verbreitung, Häufigkeit und Flugzeit kann man sie wohl so bezeichnen. Aber sie hat doch auch Besonderes zu bieten: Das variable Farbkleid der Weibchen oder die „emanzipierte“ Eiablage lassen sich bei anderen Schlanklibellen jedenfalls nicht beobachten. Wie auch immer – es lohnt, genauer hinzuschauen ... überall in der Natur ... und bei (fast) jedem Wetter ...


Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Begegnungen mit Gelsenkirchener Erdkröten

Schon seit Ende Februar ist Deutschland häufigster und verbreitetster Froschlurch wieder unterwegs zu seinen Laichgewässern: Die Erdkröte lässt sich in Gelsenkirchen an vielen Orten beobachten, etwa im Revierpark Nienhausen, im Stadtwald, am Mechtenberg, im Almagelände, auf der Halde Rheinelbe oder natürlich im Emscherbruch. Zwar ist das Laichgeschäft mancherorts bereits erledigt, aber wer in diesen Tagen nach Einbruch der Dunkelheit hinausgeht, wird noch Tieren begegnen. Bessere Chancen, Erdkröten anzutreffen, bieten allerdings etwas wärmere Tage, als das Osterwochenende sie uns beschert hat. Ein wenig Regen schadet aber nicht, im Gegenteil.

Erdkröte

Dieses markant gezeichnete Männchen hockt im flachen Wasser eines Tümpels auf der Halde Rheinelbe (April 2021).


Gewöhnlich kommt Bufo bufo in unauffälligen, „tarnfarbigen“ Brauntönen daher, doch wer genauer hinschaut, erkennt rasch, dass jedes Individuum anders aussieht: Die Grundfarbe kann alle Töne von Hell- bis Dunkelbraun umfassen, der Rücken und die Gliedmaßen können mehr oder weniger deutlich gebändert oder gefleckt sein. Und neben all den schokobraunen, karamellgelben oder olivgrünen Exemplaren fand ich einmal sogar ein kräftig orangerotes.

Bufo Bufo Farben

Gewöhnlich kommt die Erdkröte in unauffälligen Brauntönen daher, doch sieht jedes Tier anders aus (Emscherbruch, Resser Mark, Februar und März 2021).

Neben schokobraunen, karamellgelben oder olivgrünen können auch orangerote Individuen auftreten (oben Halde Rheinelbe, Mai 2019 und März 2017, unten NSG Emscherbruch nördlich der A2, beide März 2012).

Das Liebesleben der Erdkröte lässt sich am besten im Dunkeln belauschen. An manchen der genannten Stellen führen die Wege dicht an Teich- oder Tümpelufern entlang, und im Licht einer Taschenlampe kann man verfolgen, wie die Weibchen, von ihren Partnern innig umschlungen, ihre bis fünf Meter langen Laichschnüre in der Unterwasservegetation abstreifen; große Exemplare können bis zu 8.000 Eier hervorbringen! Da in Bufo-Populationen gewöhnlich ein Männchen-Überschuss herrscht, erlebt man mitunter, wie sich mehrere Freier gleichzeitig um eine Artgenossin bemühen.


Freier Erdkroeten-Paar

Wegelagerer: Vier fortpflanzungsbereite Freier warten auf paarungswillige Weibchen (Emscherbruch, Resser Mark, März 2017, 2018 und 2019).

Er hat eine: Erdkröten-Paar auf dem Weg zum Laichgewässer (NSG Emscherbruch nördlich der A2, März 2014).

Paar Sixpack

Laichendes Bufo-Paar; die um die Vegetation gewickelten Laichschnüre sind einige Meter lang und enthalten mehrere tausend Eier (NSG Emscherbruch, März 2021).

Sixpack: Manchmal kann man beobachten, wie sich mehrere Männchen gleichzeitig um ein laichbereites Weibchen bemühen (NSG am Mechtenberg, März 2021).

Überhaupt neigen liebestolle Kröteriche dazu, alles Erreichbare und von der Größe her Passende zu bespringen und zu klammern, das kann sogar ein Holzstückchen sein. Oder ein zufällig in der Nähe hockender Grasfrosch, was jedoch auf Gegenseitigkeit beruht, denn solche Fehlpaarungen sind in beiden Richtungen möglich. Dabei ist der Klammerreflex brünstiger Froschlurch-Männchen derart nachhaltig, dass sie selbst ertrunkene Geschlechtspartner so schnell nicht wieder loslassen.


Liebestoller Kroeterich Vertan!

Liebestolle Kröteriche neigen dazu, alles Mögliche zu klammern, hier ist es ein Stückchen Holz (Wiesentümpel an der L639, Herne-Wanne, kurz hinter Gelsenkirchens Stadtgrenze, März 2019).

Vertan, vertan! Dieses offenbar von einem Prädator verletzte Erdkröten-Männchen vergeht sich an einem Grasfrosch (NSG Emscherbruch, April 2018).

Grasfrosch Liebe bis in den Tod

Aber auch andersherum geht es (oder eben nicht): Ein Grasfrosch-Männchen klammert eine Erdkröte (Rapphofsmühlenbach, März 2020).

Der Klammerreflex ist dermaßen stark, dass selbst ertrunkene Partner nicht immer gleich losgelassen werden (NSG Emscherbruch nördlich der A2, April 2013).

Naturinteressierte Gelsenkirchener sind übrigens nicht die einzigen Gestalten, die B. bufo auflauern, vor allem während der Fortpflanzungszeit, wenn sie in größeren Scharen auftritt. Gar nicht selten findet man an den Ufern von Laichgewässern die sterblichen Überreste von Erdkröten, die einem Beutegreifer zum Opfer gefallen sind: So neigt der Europäische Iltis (Mustela putorius) dazu, regelrechte Nahrungsdepots mit getöteten Froschlurchen anzulegen.

Bald wird die Bufo-Laichsaison vorüber sein, aber auch danach lohnt es, hin und wieder einen Blick in die Laichgewässer zu werfen, nun auch tagsüber. Schwimmen die Kaulquappen endlich frei im Wasser, bilden sie oft dichte Schwärme, die etliche Meter lang sein können. Es ist kaum möglich abzuschätzen, wie viele Individuen sich zu solchen beeindruckenden Formationen zusammenschließen.

Opfer







Gar nicht so selten findet man an den Ufern von Laichgewässern von Iltissen angelegte Nahrungsdepots mit getöteten Erdkröten oder deren Überresten (Emscherbruch, Resser Mark, April 2014).


Ihre weitere Entwicklung verläuft zügig. Schon nach wenigen Wochen bekommen die Larven Beine, kurz darauf auch Arme, und bereits Anfang Juni lassen sich die ersten umgewandelten Erdkrötchen, die Metamorphlinge, bei ihrem ersten Landgang beobachten.

Kaulquappen Kaulquappen

Erdkröten-Kaulquappen können mehrere Meter lange Schwärme bilden. Wie viele Individuen mögen sich hier wohl versammelt haben (Emscherbruch, Resser Mark, Mai, 2013)?

Einige Kaulquappen ruhen auf dicht unter der Wasseroberfläche treibenden Pflanzenteilen; sie besitzen bereits Beine (Emscherbruch, Resser Mark, Juni 2015).

Metamorphling

Hoch hinaus: Eine erst kürzlich umgewandelte Erdkröte erklimmt Pflanzenhalme der ufernahen Vegetation (NSG am Mechtenberg, Juni 2020).

Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Die Spießente (Anas acuta) als Wintergast

Wer derzeit am Bulmker Teich steht, um sich die verschiedenen Wasservögel anzuschauen, kann neben den bekannten Nil- und Kanadagänsen, Bläss- (die mit dem weißen Schnabel) und Teichhühnern (die mit dem roten Schnabel) und den Stockenten, seit einigen Wochen auch eine Spießente beobachten. Genau genommen handelt es sich um einen Spießenten-Erpel sogar im Prachtkleid.
SpießenteEr ist gut zu erkennen an seinem braunen Kopf und dem hellgrauen Gefieder. Charakteristisch sind eine weiße Linie, die sich vom Kopf über den langen Hals zur weißen Brust erstreckt, und die ca. 10 cm lange, spießartige Steuerfeder, der diese Enten ihren Namen verdanken. Die Weibchen sind bräunlich, und der Spieß ist nur ansatzweise zu erkennen. Sie sind etwas kleiner als Stockenten (nabu.de, online, wildtierportal- Bayern.de, online).
Der gewöhnliche Lebensraum der Spießente liegt in Nord- und Osteuropa sowie in Nordamerika. Hier bewohnt sie große, stehende Binnengewässer, Fischteiche, offene Niederungslandschaften und Überschwemmungsflächen. Wichtig für sie ist die deckungsgebende Ufervegetation, in der die Weibchen ihre Nester auf trockenem Untergrund bauen. Ihre Winterquartiere liegen in West und Mitteleuropa sowie in Mittelamerika. In Deutschland lassen sich Wintergäste häufig im norddeutschen Tiefland nieder, aber auch in Bayern können sie beobachtet werden. Sie brüten hier nur selten (nabu.de, online, lfu- bayern.de, online).
„Die Spießente unterliegt gemäß § 2 Abs.1 Nr. 2 des Bundesjagdgesetztes (BJagdG) dem Jagdrecht. Die Jagdzeit ist von 1. Oktober bis 15. Januar“ (wildtierportal-bayern.de, online). Stark bejagt wird sie in Russland, Frankreich, Belgien, Griechenland Rumänien und Afrika. Weitere Gefährdungen drohen der Spießente auch durch Trockenlegung von Moorgebieten, Gewässerausbau oder Grundwasserabsenkung. Gemäß Roter Liste wird die Spießente in Deutschland als gefährdet eingestuft und fällt unter das Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA). Das Einrichten von Ruhezonen in Rast- und Überwinterungsgebieten ist eine Möglichkeit, sie zu schützen (lfu- bayern.de, online, unep- aewa.org, online).
Und unser kleiner Freund? Ist er Schalke 04-Fan und wollte einmal im Leben nach Gelsenkirchen? Da er sich anscheinend gerne bei den Kanadagänsen aufhält, kann er– schaut man nicht genauer hin – für eine sehr kleine Ausgabe von ihnen gehalten werden.

Text und Foto: Mirja Mankowski

Quellen:
Bayerisches Landesamt für Umwelt 2018,k.A., Spießente, http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/steckbrief/zeige?stbname=Anas+acuta, letzter Besuch: 31.01.2021
k. A.,n. d., Artenportrait Spießente, Nabu- Deutschland, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/portraets/spiessente/, letzter Besuch: 31.01.2021
k. A.,n. d.,  Spießente,Wildtierportal Bayern, Bayrisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, https://www.wildtierportal.bayern.de/wildtiere_bayern/236141/index.php, letzter Besuch: 31.01.2021
UNEP/AEWA Secretariat, Bonn , 2018, AEWA Species, https://www.unep-aewa.org/en/species, letzter Besuch: 31.01.2021

 

Überraschende Begegnung im Bulmker Park

Als ich an einem Sommerabend dieses Jahres gegen 23.30 Uhr eine kleine Nachtwanderung zum Teich machte, rechnete ich mit ein paar Erdkröten oder Fröschen, die ich finden würde. Was ich aber fand, erstaunte mich doch sehr. Auf der Wiese vor meinen Füßen, einige Schritte vom Wasser entfernt, spazierte ein Krebs umher. Zu dem Zeitpunkt wusste ich weder, dass dieses Verhalten eine besondere Leidenschaft dieser Krebse ist, noch dass es in Gelsenkirchen überhaupt Krebse gibt.
Bulmker Park

Anhand seines charismatischen Aussehens, der dunkelroten Färbung mit den hellroten Warzen auf den Scheren, der Dornen und der sich berührenden Rückenfurche ließ sich dieser Krebs bei der Internetrecherche sehr gut identifizieren.

Roter Amerikanische Sumpfkrebs Roter Amerikanische Sumpfkrebs
Roter Amerikanische Sumpfkrebs mit üblicher Färbung Eine albiontische Form (ebenfalls gefunden im Bulmker Teich)

Es handelt sich um den Roten Amerikanischen Sumpfkrebs oder Louisiana-Flusskrebs (Procambarus clarkii).
Sein ursprünglicher Lebensraum ist die Region rund um den Golf von Mexiko, wo er zumeist stehende Gewässer bewohnt, die sogar im Sommer austrocknen können. Er überlebt, indem er sich in eine Erdröhre eingräbt. Aufgrund seiner anspruchslosen Lebensweise und seines omnivoren Speiseplans kann er in so gut wie jedem Binnengewässer heimisch werden. Seine ausgeprägte Wanderlust ermöglicht es ihm, sich neue Lebensräume zu erschließen, sogar bis zu einem gewissen Maß salzhaltige Gewässer. Er wird ca. 2 Jahre alt (in Gefangenschaft älter) und kann eine Körperlänge von 15 cm erreichen (wirbellosen- aquarium.de).

Wie kommt ein Louisiana-Flusskrebs in den Bulmker Teich?
Für viele Aquarianer ist der dekorative Krebs ein beliebter Bewohner ihres Aquariums, allerdings sind Fische und Wasserpflanzen für ihn eine Nahrungsquelle, weswegen er sich ihnen gegenüber nicht sonderlich verträglich verhält (wirbellosen-aquarium.de). Leider entschließt sich dann der eine oder andere Aquarienbesitzer, sich des unliebsam gewordenen Insassen zu entledigen. Aus falsch verstandener Tierliebe werden diese Tiere nun oft in die Freiheit entlassen. Was dabei nicht bedacht wird, ist der damit verbundene massive Eingriff in ein bestehendes Ökosystem. So konnten sich schon einige wilde Populationen in NRW etablieren (edelkrebsprojektnrw.de).
Früher wurden die meisten Gewässer vor allem vom Edelkrebs (Astacus astacus) oder auch vom Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) besiedelt. Beide Krebsarten waren aufgrund ihres zahlreichen Vorkommens kostengünstige Speisekrebse. Allerdings wurde schon Anfang des  20. Jh. damit begonnen, Flusskrebse aus anderen Ländern in Deutschland für den Fang auszusetzen (edelkrebsprojektnrw.de). Vor allem der Kamberkrebs (Orconectes limosus), der bereits flächendeckend in NRW vorkommt, der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), und der Galizische Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus) wurden hierfür genutzt. Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs wurde, auch wenn er ein begehrter Speisekrebs ist, nicht gezielt für den Fang ausgesetzt (Groß et al. 2018).

Problematik
Wie schon erwähnt, sind diese Tiere sehr anpassungsfähig und können fast überall heimisch werden. Dort ernähren sie sich von allem, was sie im Gewässer finden. Daher nehmen sie, vor allem bei zahlreichem Auftreten, starken Einfluss auf die einheimische Tier- und Pflanzenwelt, indem sie vor allem Larven von dort lebenden Insekten oder Amphibien fressen.
Zu ihrer Anpassungsfähigkeit und einer hohen Vermehrungsrate kommt aber noch eine Gefahr, die von den amerikanischen Krebsarten, also z.B. auch dem Kamberkrebs und dem Signalkrebs, ausgeht. Diese Krebse übertragen die Krebspest, eine Pilzerkrankung, die für die Arten selber nicht gefährlich ist, aber der unsere einheimischen Krebsarten, der Edelkrebs und der Steinkrebs, nichts entgegenzusetzen haben und daran verenden. Sie wurden bereits in weiten Teilen Deutschlands so weit zurückgedrängt, dass sie als stark gefährdet gelten (Dost 2015; edelkrebsprojektnrw.de).
Zwar sind für den Roten Amerikanischen Sumpfkrebs noch nicht allzu viele Funde in NRW verzeichnet, doch ist er deutlich auf dem Vormarsch. So ist er schon zahlreich im Kemnader See und in der Ruhr zu finden (WAZ, Bochum).

Was kann getan werden?
Vielerorts wird versucht, die invasiven Arten abzufischen, was vor allem bei einer großen Zahl an Tieren in großen Gewässern schlicht nicht möglich ist.
Der Louisiana-Flusskrebs wurde 2016 in die Unionsliste der invasiven, gebietsfremden Arten aufgenommen. In dieser Liste benennt die EU Tier- und Pflanzenarten, die es zu bekämpfen und einzudämmen gilt, da sie das ökologische Gleichgewicht der einheimischen Flora und Fauna beeinflussen und die Biodiversität dadurch Schaden nimmt:
„Das wichtigste Instrument der neuen Verordnung ist eine rechtsverbindliche ‚Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung die für die gelisteten Arten ein Verbot von Einfuhr, Haltung, Zucht, Transport, Erwerb, Verwendung, Tausch und Freisetzung festlegt. Darüber hinaus sind weitere Verpflichtungen zur Identifizierung der Einbringungs- und Ausbreitungspfade, zur Einrichtung von Überwachungssystemen, zur Minimierung von Auswirkungen schon weit verbreiteter und zur Tilgung sich neu etablierender invasiver Arten von unionsweiter Bedeutung vorhanden. (Unionsliste).“

Eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen besteht jedoch darin, keine gebietsfremden Tiere oder Pflanzen irgendwo in der Natur auszusetzen. Diese Arten besetzen mitunter ökologische Nischen, auf die die einheimische Flora und Fauna lebensnotwenig angewiesen ist.
Gelsenkirchen ist grün und wunderschön, macht Euch auf den Weg und genießt es! Informiert Euch, was es hier alles an Natur zu bestaunen gibt, und taucht ein. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir nicht viele Möglichkeiten haben, uns auf den üblichen Wegen unterhalten zu lassen, bietet ein Spaziergang durch den Wald oder auf eine Halde eine gelungene und (ent)spannende Abwechslung.
Und diese Abwechslung ist schützenswert.
Text und Foto: Mirja Mankowski

Quellen
•    Dost, U. (2015): Der Signalkrebs macht sich in unseren Gewässern breit. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 68 (6): 28–33.
•    Groß, H., C. Burk & A. Hill (2008): Die Flusskrebsfauna in NRW. – Natur in NRW 4: 52–56.
•    Nehring, S. & S. Skowronek (2017): Die invasiven gebietsfremden Arten der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr.1143/2014 – Erste Fortschreibung 2017. – BfN-Skripten 471, Bonn.
•    http://www.wirbellosen-aquarium.de/krebse/procambarus/clarkii.html
•    https://www.edelkrebsprojektnrw.de/flusskrebse/nicht-heimisch/roter_amerikanischer_sumpfkrebs.php
•    https://www.waz.de/staedte/bochum/sumpfkrebs-aus-usa-bedroht-heimische-tierwelt-in-bochum-id229560840.html, B. Kiesewetter, 02.09.20209

Neues von der Südlichen Mosaikjungfer in Gelsenkirchen

Vor etwa einem Jahr berichtete ich hier über die ersten Nachweise der Südlichen Mosaikjungfer (Aeshna affinis) in Gelsenkirchen. Nach den damals geschilderten Begegnungen war diese Edellibelle auch in diesem Jahr wieder im Stadtgebiet zu erwarten. Tatsächlich ließ sie sich sogar über einen längeren Zeitraum und in höherer Individuenzahl beobachten als 2019.
Die ersten Exemplare sah ich am 13. Juli 2020 im NSG „Emscherbruch nördlich der A2“: zwei oder drei fliegende Männchen und ein Weibchen, das damit beschäftigt war, seine Eier unter dem dicht wachsenden Gras in den feuchten Erdboden zu legen. Bei der Südlichen Mosaikjungfer beginnt die Eiablage eigentlich im Tandem. Das Männchen bleibt nach der Paarung bei seiner Partnerin und hält sie mit seinen Hinterleibsanhängen fest. Es kommt aber vor, dass Paare sich nach einiger Zeit trennen, sodass die Weibchen allein mit dem Absetzen der Eier fortfahren. Einigen Veröffentlichungen zufolge soll das jedoch nur auf Exemplare der gelbgrünen Weibchenform zutreffen. Individuen der blauen Farbform wurden offenbar noch nie „solo“ bei der Eiablage beobachtet. Hängt das damit zusammen, dass die grünen Weibchen aufgrund ihrer Tarnfärbung weniger auf die schützende Anwesenheit der Männchen angewiesen sind? Auch bei meinem Tier handelte es sich um ein gelbgrünes, und die wenigen Fotos, die mir später in ähnlichen Situationen gelangen, zeigen ebenfalls ausschließlich grüne Exemplare.

Ein Weibchen der gelbgrünen Farbform ruht an einem Schilfstängel Grünes Weibchen bei der Eiablage, ist seine Färbung ein Tarnkleid?

Ein Weibchen der gelbgrünen Farbform ruht an einem Schilfstängel

Grünes Weibchen bei der Eiablage, ist seine Färbung ein Tarnkleid?


In den kommenden Wochen nahm die Zahl der Tiere rasch zu. An manchen besonders sonnigen und warmen Sommertagen war die Südliche Mosaikjungfer, sieht man einmal von der nahezu allgegenwärtigen Blutroten Heidelibelle (Sympetrum sanguineum) ab, im NSG nördlich der A2 die dominierende Großlibelle, einmal zählte ich über 15 Männchen. An weiteren Standorten (beiderseits der Münsterstraße südlich der A2) trat A. affinis ebenfalls auf, doch sah ich hier lediglich einzelne Männchen.

Ein Tandem mit grünem ... ... und ein Paarungsrad mit blauem Weibchen

Ein Tandem mit grünem ...

... und ein Paarungsrad mit blauem Weibchen

Je höher die Individuendichte einer Art ist, desto häufiger ergeben sich Gelegenheiten, spannende Einblicke in ihre Lebensweise zu nehmen. Neben einzelnen – bezeichnenderweise grünen – Weibchen, die sich an einem Halm im Röhricht oder an einem Zweig in einem Strauch zum Ruhen niedergelassen hatten, bekam ich etliche Tandems und Paarungsräder zu sehen sowie zahlreiche Paare bei der Eiablage – sowohl mit grünen als auch mit blauen Weibchen. Je weiter das Gelände abtrocknete, desto häufiger begegnete ich Tieren, die an und unter Totholzstücken, zwischen Pflanzenteilen oder in kleinen Vertiefungen des feuchten Erdbodens ihre Eier ablegten. Einmal erlebte ich sogar, dass ein Paar einen besonders tiefen meiner eigenen Fußabdrücke als Eiablageplatz aufsuchte!

Zwei Paare bei der Eiablage: Dieses grüne Weibchen legt seine Eier in die teils vertrocknete Vegetation, ... ... während dieses blaue Weibchen sie in feuchtes Totholz sticht

Zwei Paare bei der Eiablage: Dieses grüne Weibchen legt seine Eier in die teils vertrocknete Vegetation, ...

... während dieses blaue Weibchen sie in feuchtes Totholz sticht


Etwa ab Mitte August nahm die Zahl der Südlichen Mosaikjungfern zugunsten der nun immer häufiger auftretenden Herbst-Mosaikjungfern (Aeshna mixta; erste Sichtung am 10.8.) nach und nach ab, die letzte Begegnung mit A. affinis hatte ich am 6. September. Somit war die Art über einen Zeitraum von immerhin acht Wochen im NSG nördlich der A2 präsent (zum Vergleich: 2019 vom 18.7. bis zum 30.8, also sechs Wochen); ein Blick in die Datenbank nrw.observation.org zeigt, dass sie es in diesem Sommer an keinem weiteren Standort in NRW so lange „ausgehalten“ hat!

Ein Männchen hat ein Tandem der Blutroten Heidelibelle überwältigt und frisst nun an dem Weibchen (in der Bildmitte im Hintergrund das rote Männchen) Selbst als ich es ergreife, frisst das Männchen unbekümmert weiter

Ein Männchen hat ein Tandem der Blutroten Heidelibelle überwältigt und frisst nun an dem Weibchen (in der Bildmitte im Hintergrund das rote Männchen)

Selbst als ich es ergreife, frisst das Männchen unbekümmert weiter


Abschließend eine interessante Beobachtung zum Nahrungserwerb. Gegen Ende der Aktivitätsphase (am 1. September) traf ich auf zwei Männchen von A. affinis, die in einem Abstand von wenigen Metern zueinander auf dem Boden saßen und ihre Beute verzehrten. Beide Tiere hatten jeweils ein Tandem der Blutroten Heidelibelle überwältigt und ließen sich bei ihrer Mahlzeit durch meine Anwesenheit überhaupt nicht stören, sodass ich in aller Ruhe das Kameraobjektiv wechseln und sie aus nächster Nähe fotografieren konnte. Selbst als ich eine der Libellen vorsichtig mit den Fingern ergriff, fraß sie ungerührt weiter ...

Text und Fotos: Rainer Stawikowski 

Wer singt denn da?

Über frühlings- und sommernächtliche Laubfrosch-, Kreuz- und Geburtshelferkröten-Konzerte auf der Halde Rheinelbe berichtete ich bereits („Wer ruft denn da?“). Anfang Juli bekommen die stimmgewaltigen Froschlurche nicht minder lautstarke Konkurrenz. Ein weithin hörbares, melodisches, lang anhaltendes Zirpen ertönt mit Beginn der Dämmerung, nimmt im Lauf des Abends an Intensität zu und endet erst in den frühen Morgenstunden. Dem einen oder anderen Haldenbesucher mag dieser minutenlange Gesang, der gewöhnlich mit „drü-drü-drü“ umschrieben wird, bekannt vorkommen. Hat er ihn nicht schon einmal in den Sommerferien in Südwestdeutschland oder gar am Mittelmeer vernommen? Das kann doch nur eine Grille sein!

Südosthang der Halde Rheinelbe

Südosthang der Halde Rheinelbe, in der Gras-, Kraut- und Strauchvegetation lebt das Weinhähnchen

Ja, das ist eine Grille. Wer sie zum ersten Mal zu Gesicht bekommt, was gar nicht so einfach ist, staunt vermutlich über ihr Format. Im Vergleich zu bekannteren Verwandten wie Feld- oder Maulwurfsgrille ist das Weinhähnchen auffallend schlank, richtig zierlich, und mit seiner Länge von höchstens 13 (Männchen) beziehungsweise 20 Millimetern (Weibchen, einschließlich Legeröhre) auch nicht gerade groß. Und dieser Zwerg ist in der Lage, so laut zu singen, dass man ihn mehrere hundert Meter weit deutlich vernehmen kann? Hören Sie selbst: Weinhähnchen
Der Name lässt es schon vermuten, diese Schrecke mag es etwas wärmer. Sie haust zwar nicht ausschließlich in Weinbergen, liebt aber klimatisch bevorzugte Lagen. In Deutschland bewohnte die Art ursprünglich vor allem den Oberrhein, doch infolge des Klimawandels breitet sie sich immer weiter nach Norden aus. Sonnenexponierte Industriebrachen wie der südöstliche Hang der Halde Rheinelbe sind geeignete Lebensräume, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis Oecanthus pellucens, so der wissenschaftliche Name dieser Grille, auch in Gelsenkirchen-Ückendorf auftauchte.
Schon vor einigen Jahren entdeckten Biologen das Weinhähnchen auf Rheinelbe, und bei meinen nächtlichen Amphibienexkursionen kam ich immer wieder in den Genuss seines Gesangs. An einem lauen Abend Mitte September begab ich mich endlich gezielt auf die Suche, ausgerüstet mit Taschenlampe, Tonaufnahmegerät und Kamera, begleitet von meinem Sohn Arne. Kaum war es dunkel, ertönte oben auf der Halde das Zirpen mehrerer Tiere, und wir meinten, sie ziemlich genau zu orten. Doch sobald wir uns einem der Sänger näherten, wurde sein Singen plötzlich leiser, und er schien nun weiter entfernt. Aber das war nur eine akustische Täuschung: Weinhähnchen sind in der Lage, die Lautstärke ihres Gesangs zu variieren, sodass es ziemlich schwierig sein kann, sie zu finden. Wir hatten jedoch Glück. Im Lichtstrahl seiner Lampe entdeckte mein Sohn ein Exemplar auf einem etwa halbmeterhohen Strauch. Da saß es mit seinem strohfarbenen Tarnkleid ganz offen auf einem Stängel und machte überhaupt keine Anstalten, dem hellen Licht zu entfliehen! Auch als wir die Grille aus nächster Nähe fotografierten, von oben, von vorn, von rechts und von links, schien sie nicht sonderlich beeindruckt und kletterte ohne Hast auf ihrer Pflanze umher. An der langen Legeröhre war sie eindeutig als Weibchen zu erkennen. Zufrieden verließen wir den Strauch.

Weinhähnchen Weinhähnchen

Weinhähnchen, beachte die langen Fühler; an der unübersehbaren Legeröhre ist dieses Tier sofort als Weibchen zu erkennen

Dasselbe Weibchen in der Draufsicht, seine Hinterflügel enden leicht zugespitzt

Aber halt, weibliche Weinhähnchen sind doch stumm, sie können gar nicht singen! Also hatten wir den gesuchten Sänger doch nicht entdeckt, sondern eine Artgenossin, die womöglich von seinem Konzert ebenso angelockt worden war wie wir? Der Ehrgeiz packte uns, natürlich wollten wir jetzt auch noch ein Männchen finden. Unermüdlich leuchteten wir eine ganze Reihe vermeintlicher Weinhähnchen-Sitzwarten ab, doch zunächst ohne Erfolg. Eigentlich befanden wir uns schon auf dem Abstieg, als Arne oberhalb der Gabionen am Südosthang plötzlich rief: „Hier sitzt eins!“ Auch dieses Tier hockte deckungslos auf seiner Pflanze und schien sich durch die hellen Scheinwerfer ebenso wenig gestört zu fühlen wie unser erstes Exemplar. Und es war tatsächlich ein Männchen, das sich zu unserer Freude während der Fotositzung genauso kooperativ verhielt wie das Weibchen! Wir waren glücklich!


Männchen des Weinhähnchens Männchen des Weinhähnchens

Männchen des Weinhähnchens, da es keine Legeröhre besitzt, ist es noch kleiner als das Weibchen

Dasselbe Männchen in der Draufsicht, seine Flügelenden sind im Gegensatz zu denen des Weibchens verbreitert

Nun liegt unsere Weinhähnchen-Exkursion schon einige Wochen zurück. Bei schönem Wetter kann diese Grille zwar noch bis Ende Oktober aktiv sein, doch jetzt, Ende September, haben wir so richtig Herbst, es ist kühl, und es regnet – endlich! Steigt man am Abend auf die Halde, wird man keine Kröten, Frösche und Schrecken hören, es ist still geworden. Aber der nächste Frühling und der nächste Sommer kommen bestimmt, und dann wird es auf Rheinelbe wieder lebendig laut!

Tipp: Wer mehr über Grillen und andere Schrecken wissen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Fischer, J., D. Steinlechner, A. Zehm, D. Poniatowski, T. Fartmann, A. Beckmann & C. Stettmer (2016): Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols. Bestimmen, Beobachten, Schützen. – Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.


Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Bock auf Käfer?

Wer in dieser Jahreszeit durch den immer noch neuen Bürgerpark Hassel (ja, wie soll er denn nun heißen?), durch den Stadtwald oder durch den Emscherbruch spaziert, wird am Wegrand auf den Blüten von Dolden- und Korbblütlern, auf Disteln, Brennnesseln oder auch auf totem Holz – mit etwas Glück und offenen Augen – schlanke Käfer entdecken, die vor allem wegen ihrer langen, gebogenen Fühler auffallen, die – etwas Fantasie vorausgesetzt – an die Hörner des Steinbocks erinnerten, was ihnen die deutsche Bezeichnung „Bockkäfer“ eingebracht hat. Manche Cerambyciden (so heißen sie wissenschaftlich) fallen zudem mit ihrem stattlichen Format oder aufgrund ihres kontrastreichen Farbkleids auf. Sechs (Gelsenkirchener) Vertreter – insgesamt leben in Mitteleuropa ungefähr 200 Arten – seien hier kurz vorgestellt.
Emscherbruch
Waldweg im frühsommerlichen Emscherbruch, ein Blick auf die Blüten lohnt sich!

Der Moschusbock (Aromia moschata) gehört zu den großen Arten, erreicht er doch eine Länge von vier Zentimetern. Unterwegs ist er von Juni bis August, gern sucht er Totholz auf. Er kann ein nach Moschus duftendes Sekret absondern, das man früher zum Aromatisieren von Pfeifentabak benutzte.
Moschusbock
Der Moschusbock gehört zu den großen Cerambyciden

Markantestes Merkmal des Scheckhorn-Distel- oder Nesselbocks (Agapanthia villosoviridescens) sind die grau und schwarz geringelten Fühler. Der Linienhalsige Halmbock, wie er auch noch genannt wird, kann über zwei Zentimeter lang werden und lässt sich bereits ab Mai beobachten, häufig auf Brennnesseln und Disteln.
Nesselbock
Die geringelten Fühler sind ein „Markenzeichen“ des Scheckhorn-Distelbocks

Der Rothalsbock (Paracorymbia rubra) ist einer der „schwierigen kleinen Roten“, die der Laie (so auch ich) gern miteinander verwechseln. Der Gemeine Bockkäfer (ein weiterer Name für die Art) wird höchstens zwei Zentimeter lang und ist von Juni bis September regelmäßig auf den Blütenständen von Dolden- und Korbblütlern anzutreffen.
Rothalsbock
Leicht mit anderen „kleinen Roten“ zu verwechseln: Rothalsbock

Aber um welche Art handelt es sich bei dem zweiten hier abgebildeten „kleinen Roten“, vielleicht um den Fleckenhörnigen Halsbock (Paracorymbia maculicornis), der nur gut einen Zentimeter lang wird und in den Monaten Juni und Juli fliegt? Sollte es ein Besucher unserer Website besser wissen, möge er es uns bitte mitteilen – wir freuen uns über jede Kritik!
Fleckenhörniger Halsbock?
Ist das ein Exemplar des Fleckenhörnigen Halsbocks?

Hübsch schwarz und gelb gebändert kommt der bis zwei Zentimeter lange Vierbindige Schmalbock (Leptura quadrifasciata) daher, sein kontrastreiches Outfit wird als Warnfärbung angesehen (Wespen-Mimikry). Die Weibchen der von Juni bis August fliegenden Art sind an den gelblich braunen Fühlerenden zu erkennen (schwarz bei den Männchen).
Vierbindige Schmalbock m. Vierbindige Schmalbock w.
Mimikry: Mit seinem Farbkleid imitiert der Vierbindige Schmalbock eine Wespe; Männchen haben schwarze, Weibchen braune Fühlerenden

In ähnlichem Wespen-Look präsentiert sich der ebenfalls bis zwei Zentimeter lange und von Juni bis August aktive Gefleckte Schmalbock (Rutpela maculata), bei dem außerdem die Beine und die Fühler schwarz und gelb gezeichnet sind.
Gefleckter Schmalbock
Ein Gefleckter Schmalbock an einer Distelblüte

Wer mehr über Bockkäfer – ihre Vielfalt, ihre Biologie und ihren Schutzstatus – lernen möchte, findet – zum Einstieg – einige ganz nützliche Artikel im Internet. Heft 4/2018 von „Natur in NRW“ bietet einen sehr lesenswerten Aufsatz über die „Bockkäferfauna Südwestfalens“. Und dann gibt es noch das zweibändige Standardwerk „Die Bockkäfer Mitteleuropas“ (ISBN 978-3-89432-474-2)
Text und Fotos: Rainer Stawikowski

Wer ruft denn da?

Unter Insidern hat es sich längst herumgesprochen: Die Rheinelbe-Halde in GE-Ückendorf ist ein kleiner Amphibien-Hotspot. Nicht weniger als acht Arten – zwei Schwanz- und sechs Froschlurche – lassen sich hier beobachten. Nicht alle gleichzeitig, denn hinsichtlich ihrer Fortpflanzungsphasen, in denen sie ja besonders aktiv sind, unterscheiden sich die Lurchis teilweise recht deutlich.
(Alytes obstetricans) und Laubfrosch Zwei der drei Froschlurche, um die es hier geht, pflanzen sich regelmäßig auf Rheinelbe fort, der dritte taucht seit einigen Jahren immer wieder als Gast auf. Alle drei beginnen ihre Balz- und Laichaktivität in der Regel im April – und kündigen sie mehr oder weniger lautstark an, die Rufe fortpflanzungsbereiter Tiere sind unverwechselbar. Wer sie hören und ihre Erzeuger sehen will, begibt sich am besten mit fortschreitender Dämmerung auf die Halde, denn Kreuzkröte (Epidalea calamita), Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) und Laubfrosch (Hyla arborea) sind richtige Dunkelmänner, die sich tagsüber außerhalb ihrer Versteckplätze kaum sehen lassen".
Kreuzkröteriche machen mit lang anhaltenden, krächzenden oder schnarrenden Balzrufen auf sich aufmerksam. Wer sie zum ersten Mal hört, wird über ihre Stimmgewalt staunen, vor allem wenn zehn, zwanzig oder noch mehr Freier gleichzeitig rufen. Die hier wiedergegebene Tonaufnahme (DR0000_0115_Epidalea) mag einen Eindruck vermitteln; man hört zuerst ein einzelnes Männchen, kurz darauf fallen mehrere Mitbewerber ein.
Nicht lange dauert es, und die ersten laichbereiten Artgenossinnen finden sich ein; im Licht einer Taschenlampe lassen sich die klammernden Paare auf dem Weg zum oder im Laichgewässer beobachten, wo die Weibchen ihre mehrere Meter langen Laichschnüre im flachen Wasser absetzen.
Anders als Erdkröten (Bufo bufo), die ihren gesamten Vorrat an Eiern und Spermien auf einen Schlag im zeitigen Frühjahr absetzen, können Kreuzkröten – je nach Witterung und Wasserstand – mehrmals im Jahresverlauf laichen (jedes Weibchen allerdings nur einmal), was sich im letzten Jahr auf Rheinelbe gut verfolgen ließ: Die ersten Weibchen waren Anfang April aktiv, Ende Mai folgte ein zweiter Schub, und Anfang August setzten die letzten Tiere der Population ihre Eier ab.

Rufendes Männchen der Kreuzkröte Ein Paar hat sich gefunden, manche Individuen der Kreuzkröte sehen richtig bunt aus Laichschnüre der Kreuzkröte
Rufendes Männchen der Kreuzkröte Ein Paar hat sich gefunden, manche Individuen der Kreuzkröte sehen richtig bunt aus Laichschnüre der Kreuzkröte

Auch die Fortpflanzungszeit der Geburtshelferkröte beginnt im April und endet im September. In dieser Zeit sind die zwar nicht sehr lauten, aber dennoch markanten Rufe gut zu hören (Männlein und Weiblein rufen). Manche Autoren vergleichen die Laute mit dem Klang kleiner Glöckchen („Glockenfrosch“), andere mit Funksignalen (DR0000_0114_Alytes).

Alytes ist der einzige Froschlurch unserer Breiten, der außerhalb des Wassers laicht und Brutpflege treibt. In der Regel findet die Paarung in einem Versteck statt, häufig, aber nicht ausschließlich, bei Dunkelheit. Das Männchen wickelt die Laichschnüre mit den großen, gelben Eiern um seine Hinterbeine („Fesslerkröte“), trägt sie fünf bis sechs Wochen mit sich umher und entlässt die schlupfbereiten – im Vergleich zu Erd- oder Kreuzkrötenlarven schon sehr großen – Kaulquappen ins Wasser, natürlich in der Nacht, wenn es dunkel ist ...


Geburtshelferkröten während der Paarung Männchen mit einem weit entwickelten Gelege Das Freisetzen der Kaulquappen erfolgt bei Nacht
Geburtshelferkröten während der Paarung Männchen mit einem weit entwickelten Gelege Das Freisetzen der Kaulquappen erfolgt bei Nacht

Die Fortpflanzungszeit des Europäischen Laubfrosches dauert in der Regel von März/April bis Mai/Juni. Rheinelbe bietet der Art allerdings keine geeigneten Laichgewässer. Bei den hier auftretenden Tieren handelt es sich lediglich um Besucher, die aus einem rund einen Kilometer entfernten Naturschutzgebiet anwandern. Das hindert die Männchen jedoch nicht daran, ihre Anwesenheit mit den charakteristischen „Äpp-äpp-äpp“-Rufen zu bekunden, deren Lautstärke selbst einen vielstimmigen Kreuzkröten-Chor übertönen kann! Die Tonaufnahme entstand am 18. Mai an einem der Tümpel am Fuß der Himmelstreppe und gibt den „Dialog“ zweier Männchen wieder (DR0000_0147_Hyla).


Rufendes Laubfrosch-Männchen auf der Halde Rheinelbe
Rufendes Laubfrosch-Männchen auf der Halde Rheinelbe

Text, Bild- und Tonaufnahmen: Rainer Stawikowski

Endlich fliegen sie wieder!

Ob Stadtgarten oder Wissenschaftspark, Emscherbruch oder Nordsternpark – überall, wo es Tümpel und Teiche gibt, lassen sie sich jetzt wieder beobachten: Zu den frühen Libellen, die bereits seit April unterwegs sind, gehören die hier vorgestellten vier Klein- und zwei Großlibellen; sie zählen zu den häufigsten und verbreitetsten Odonaten (so heißen diese Insekten wissenschaftlich) und finden sich auch an den Ufern naturnaher Gartenteiche ein.
Im Jahresverlauf lassen sich die folgenden Arten (und viele weitere) in Gelsenkirchen beobachten, darunter auch die eine oder andere Rarität, die dann sicher auch den Weg auf unsere Facebook-Seite finden wird. Bislang sind im Stadtgebiet nicht weniger als 47 Arten nachgewiesen worden (80 gibt es in Deutschland).
(Text und Bilder von R. Stawikowski)
Mit ihren Ocker- und Brauntönen kommt die rund vier Zentimeter lange Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) eher unscheinbar daher. Sie überwintert als Vollinsekt (Imago) und ist im Frühjahr die erste Kleinlibelle, die sich zur Eiablage am Wasser einfindet. Nur wenig später taucht die etwas kleinere Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) auf. Mit ihrer kräftig roten Farbe – ähnlich der Blütenfarbe mancher Adonisröschen – fällt sie dem Betrachter gleich ins Auge. Allerdings gibt es Weibchen, deren Hinterleib (Abdomen) oberseits mehr oder weniger schwarz ist. Nun lässt auch die ebenso große Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) nicht mehr lange auf sich warten. Männchen präsentieren sich in leuchtendem Hellblau und tragen eine hufeisenförmige Zeichnung auf dem Bruststück (Thorax). Weibchen sind gewöhnlich grün und auf dem Rücken schwarz. In dieselbe Größenklasse gehört die Große Pechlibelle (Ischnura elegans), an manchen Gewässern die häufigste Art – und zugleich eine der ausdauerndsten, fliegt sie doch (je nach Witterung) bis in den Herbst. Ein Kennzeichen ist die hellblaue „Laterne“ an den letzten Segmenten des oberseits pechschwarzen Abdomens. Männchen besitzen einen blauen Thorax, bei den Weibchen kann er blau, grün, violett, rosa, gelblich oder braun aussehen.
Mit ihren Ocker- und Brauntönen kommt die rund vier Zentimeter lange Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca) eher unscheinbar daher. Sie überwintert als Vollinsekt (Imago) und ist im Frühjahr die erste Kleinlibelle, die sich zur Eiablage am Wasser einfindet.





Nur wenig später taucht die etwas kleinere Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) auf. Mit ihrer kräftig roten Farbe – ähnlich der Blütenfarbe mancher Adonisröschen – fällt sie dem Betrachter gleich ins Auge. Allerdings gibt es Weibchen, deren Hinterleib (Abdomen) oberseits mehr oder weniger schwarz ist.



Nun lässt auch die ebenso große Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella) nicht mehr lange auf sich warten. Männchen präsentieren sich in leuchtendem Hellblau und tragen eine hufeisenförmige Zeichnung auf dem Bruststück (Thorax). Weibchen sind gewöhnlich grün und auf dem Rücken schwarz.



In dieselbe Größenklasse gehört die Große Pechlibelle (Ischnura elegans), an manchen Gewässern die häufigste Art – und zugleich eine der ausdauerndsten, fliegt sie doch (je nach Witterung) bis in den Herbst. Ein Kennzeichen ist die hellblaue „Laterne“ an den letzten Segmenten des oberseits pechschwarzen Abdomens. Männchen besitzen einen blauen Thorax, bei den Weibchen kann er blau, grün, violett, rosa, gelblich oder braun aussehen.
Große Pechlibelle (Ischnura elegans). Männchen besitzen einen blauen Thorax, bei den Weibchen (hier im Bild) kann er blau, grün, violett, rosa, gelblich oder braun aussehen. Als eine der ersten Großlibellen ist der bis fünf Zentimeter lange Plattbauch (Libellula depressa) „auf den Flügeln“, mit seinem breiten Hinterleib ein richtiger Brummer. Frisch geschlüpfte Tiere sind gelb; das ist die Farbe der Weibchen, die mit dem Alter jedoch dunkler werden. Der Hinterleib reifer Männchen erstrahlt in einem wachsartigen Hellblau, sodass in der Vegetation ruhende Tiere schon von Weitem ins Auge fallen. Plattbauch (Libellula depressa): Frisch geschlüpfte Tiere sind gelb; das ist die Farbe der Weibchen, die mit dem Alter jedoch dunkler werden. Etwa zur gleichen Zeit lässt sich der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) blicken. Er ist geringfügig größer und deutlich schlanker als sein dicker Vetter. Beide Geschlechter tragen ein braunes Farbkleid. Charakteristische Merkmale sind die jeweils vier schwarzen Flecke sowohl auf den Vorder- als auch auf den Hinterflügeln. Bevorzugt der Plattbauch Gewässer mit pflanzenfreien Zonen, sucht der Vierfleck lieber vegetationsreiche Habitate auf.
Große Pechlibelle (Ischnura elegans). Männchen besitzen einen blauen Thorax, bei den Weibchen (hier im Bild) kann er blau, grün, violett, rosa, gelblich oder braun aussehen.







Als eine der ersten Großlibellen ist der bis fünf Zentimeter lange Plattbauch (Libellula depressa) „auf den Flügeln“, mit seinem breiten Hinterleib ein richtiger Brummer. Frisch geschlüpfte Tiere sind gelb; das ist die Farbe der Weibchen, die mit dem Alter jedoch dunkler werden. Der Hinterleib reifer Männchen erstrahlt in einem wachsartigen Hellblau, sodass in der Vegetation ruhende Tiere schon von Weitem ins Auge fallen.
Plattbauch (Libellula depressa): Frisch geschlüpfte Tiere sind gelb; das ist die Farbe der Weibchen, die mit dem Alter jedoch dunkler werden.








Etwa zur gleichen Zeit lässt sich der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) blicken. Er ist geringfügig größer und deutlich schlanker als sein dicker Vetter. Beide Geschlechter tragen ein braunes Farbkleid. Charakteristische Merkmale sind die jeweils vier schwarzen Flecke sowohl auf den Vorder- als auch auf den Hinterflügeln. Bevorzugt der Plattbauch Gewässer mit pflanzenfreien Zonen, sucht der Vierfleck lieber vegetationsreiche Habitate auf.